Lippes Grüner Hügel. Die Richard Wagner-Festwochen 1935–1944
Von 1935 bis 1944 wurden in Detmold die als „reichswichtig“ deklarierten Richard-Wagner-Festwochen veranstaltet. Dieses musikalische Großereignis, das auf Grund des zeitweise den Bayreuther Festspielen an Qualität gleichkommenden künstlerischen Niveaus Detmold den Beinamen „Vorort zu Bayreuth“ einbrachte, ist bisher kaum erforscht und wurde lediglich streiflichtartig in einer Arbeit von Christoph Schmidt reflektiert. (Christoph Schmidt: Die Richard-Wagner-Wochen, in: ders.: Nationalsozialistische Kulturpolitik im Gau Westfalen-Nord. Regionale Strukturen und lokale Milieus (1933–1945), Paderborn u. a. 2006, S. 419–428.)
Das Beispiel der Detmolder Wagner-Festwochen bildet das reichsweite Wirken der nationalsozialistischen Kulturpolitik und ihrer mächtigen Propagandamaschinerie auf die lokale Ebene ab, sodass ihre Mechanismen und die raffinierte Manipulation durch Kunst und Kultur hier geradezu mustergültig nachvollzogen werden können.
Im Rahmen des Studiums der Musikwissenschaft am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Paderborn und der Hochschule für Musik Detmold hat sich daher eine Gruppe von Bachelor- und Master-Studenten das Ziel gesetzt, die Detmolder Richard-Wagner-Festwochen wissenschaftlich aufzuarbeiten und vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Herrschaft und des Zweiten Weltkrieges zu kontextualisieren. Dabei sollen sowohl die umfangreichen Materialien in der Lippischen Landesbibliothek und dem Lippischen Staatsarchiv ausgewertet als auch Zeitzeugen zu ihren persönlichen Erlebnissen befragt werden. Es wurde bereits eine Vielzahl unterschiedlichster Quellen ausfindig gemacht, die von propagandistischen Programmzetteln und Plakaten über amtliche Korrespondenz bis zu Artikeln in verschiedenen Zeitungen reicht und so einen umfassenden Blick sowohl vor als auch hinter die Kulissen der Wagner-Festwochen erlaubt. Zusätzlich gibt es Augenzeugen, die sich zu einem Gespräch über ihre Erlebnisse bereit erklärt haben.
Unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Rebecca Grotjahn und Frau Dr. Stefanie Rauch entstand eine wissenschaftlich fundierte, lebendige Betrachtung, die die Detmolder Richard-Wagner-Festwochen durch eine lebensnahe und facettenreiche Darstellung ins öffentliche Bewusstsein rückt und diese deutschlandweit einmalige Großveranstaltung im Schatten Bayreuths als Teil der nationalsozialistischen Kulturpolitik historisch angemessen einordnet.
Die Publikation wurde am 31. Januar 2013 sowie am 9. Februar 2013 in der Lippischen Landesbibliothek Detmold im Rahmen eines Vortrags auf der Wewelsburg vorgestellt.