Am 13. Juni 2022 hat Luise Adler für Ihre Masterarbeit "Helmut Lachenmann und Karlheinz Stockhausen. Traditionsverständnis im Diskurs" den Preis des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Wien erhalten.
In der Laudatio von PD Dr. Benedikt Leßmann zur Masterarbeit heißt es:
"Wie der Titel andeutet, geht es Luise Adler zunächst um die Beschreibung eines Diskurses: Umsichtig und auf breiter Textgrundlage diskutiert sie verschiedene Momente von Traditionsbezug und Traditionsbruch in der Neuen Musik. Nicht zufällig hat sie zwei Komponisten als Beispiele ausgewählt, die landläufig – bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Musik – geradezu als Inbegriffe von Avantgarde gelten, eben Lachenmann und Stockhausen. Momente von Tradition, so könnte man annehmen, muss man bei diesen mit der Lupe suchen. Oder doch nicht?
Verbunden ist die Beschreibung von Diskursen mit musikalischer Analyse, auch dies an klug gewählten Beispielen, nämlich je einem Werk der beiden Komponisten, das für Streichquartett geschrieben ist: Lachenmanns Reigen seliger Geister (1989) und Stockhausens Helikopter-Streichquartett (1992/93). Ob man will oder nicht, kommt durch die Wahl der Besetzung Streichquartett auch die Gattung Streichquartett ins Spiel. Und die gehört nun einmal nach verbreiteter Auffassung zum Traditionellsten, was europäische Kunstmusik aufzubieten hat, gleichsam zum Tafelsilber. Zugleich wurde sie – spätestens seit Beethoven – immer auch als Schauplatz kompositionsgeschichtlicher Umwälzungen gesehen.
Schon durch den Bezug auf das Streichquartett ist also unweigerlich jede Menge Traditionsballast mit im Spiel, sei es auch in hypertropher Brechung, wie in Stockhausens berüchtigtem Helikopter-Streichquartett. Dort fliegen die vier Musiker*innen in vier Hubschraubern herum, wobei Bild und Ton in den Konzertsaal übertragen werden und eine interessante Mischung aus Streicher- und Rotorklängen entsteht. Die Partitur als solche ist indes, wie Luise Adler kühl konstatiert, gar nicht einmal so revolutionär für Musik der 1990er Jahre. Aus Befunden wie diesem spricht die nüchterne Souveränität einer vielversprechenden Nachwuchswissenschaftlerin. Die hat auch der Gutachter Gregor Herzfeld gewürdigt, ich darf zitieren: 'Frau Adler lässt sich von mancherlei selbstgefälligem Satz eines „großen“ Komponisten oder der über-pointierten Formulierung eines angesehenen Wissenschaftlers nicht aus der argumentativen Ruhe bringen und folgt ergebnisoffen ihrem eigenen transparent gemachten Vorgehen.'
Diese Masterarbeit zeigt sichere Beherrschung des wissenschaftlichen Handwerks, große Belesenheit, Sachkenntnis und genaue Durchdringung ihres anspruchsvollen Themas."
Die Arbeit wurde zuvor bereits im November 2021 mit dem Würdigungspreis des Österreichischen Bildungsministeriums für herausragende Studienleistungen ausgezeichnet. Frau Adler ist seit März 2022 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn tätig.
Das Musikwissenschaftliche Seminar gratuliert sehr herzlich zu dieser Auszeichnung!