An­dre­as Münz­may: Pro­phe­ten, Mön­che, Kar­di­nä­le: Re­li­gi­on, Mu­sik und Re­a­lis­mus in den Grands Opéras von Meyer­beer und Ha­lévy

Vortrag im Rahmen der Öffentlichen Ringvorlesung "Musik – Religion – Politik", Kuppelsaal, 17. Mai 2023, 18:15 Uhr

Musik – Religion – Theater. Öffentliche Ringvorlesung des Musikwissenschaftlichen Seminars Detmold/Paderborn

 

Im Musiktheater des mittleren 19. Jahrhunderts spielte die Gattung „Grand Opéra“ eine – wenn nicht gar die – zentrale Rolle: Die u. a. von Fromental Halévy und Giacomo Meyerbeer gemeinsam mit dem Librettisten Eugène Scribe in Paris herausgebrachten Werke dominierten die europäischen Spielpläne und legten den Grund für die Hör- und Sehgewohnheiten eines modernen Musiktheaters (woran sich dann etwa auch Wagner, Verdi oder Berlioz abarbeiteten). Die Durchschlagskraft der Grand Opéra speiste sich nicht zuletzt aus ganz neuen Stoffen mit realem historischem Hintergrund, besonders auch solchen über religiöse bzw. konfessionelle Konflikte, die einerseits politisch heikel waren (und vielerorts zu Zensurmaßnahmen führten), andererseits gerade deshalb zu faszinieren vermochten. Der Vortrag zeigt anhand der Grands Opéras Die Jüdin (1835), Die Hugenotten (1836) und Der Prophet (1849), wie hier gerade auch religiös konnotierte Musik dazu eingesetzt wird, dramatische Konflikte in besonders glaubhafter und unmittelbarer Weise verständlich zu machen: Auf je ganz unterschiedliche Weise bauen in allen drei Werken die Schlüsselszenen auf entsprechende Musikbausteine (wie Choräle, Psalmodien, Fest- und Krönungsliturgien, Gebete, Orgelklang) auf, die als sinntragende Klangzeichen entscheidende musikdramaturgische Funktionen übernehmen, zugleich aber auch die Gesamtfarbe wesentlich mit prägen.